Mittwoch, 18. Januar 2012

Someone like you


Ich stürmte in das Zimmer. Verzweifelt suchte ich nach dir. Du lagst dort. Ganz klein und eingeschüchtert. Ich glaubte nicht was ich dort sah. Die Geräte überdeckten meinen lauten Herzschlag, der immer heftiger pulsierte. Ich hatte Angst, Angst um dich. Ich hörte deinen Herzschlag durch dieses Gerät, ein unkontrolliertes Klopfen. Mal schlug es schnell, mal langsam. Dein Gesicht, von einem Engel geschliffen, wo ist es nur hin? Ich sehe nur genähte Wunden, Schürfwunden, getrocknetes Blut. Warst das wirklich du?
Ich schaute auf deine Krankenakte. Dein Name, er war dort vertreten. Ich las mir durch, was dir alles fehlte. Ich konnte es nicht glauben, das konnte doch nicht wahr sein. Es war ein Albtraum, ein Albtraum der Superlative.
Ich wäre am Liebsten in dein Bett hinein gekrochen, aber dann kam schon die Krankenschwester. Blut müsse sie dir abnehmen. Also verließ ich den Raum, ich wartete auf meinen Namen, dass ich endlich wieder zu dir könnte. Aber es kam nichts. 10, 20 Minuten vergingen und nichts geschah. Ich war beunruhigt, aber auf heftigste Weise, so sehr wie ich es mir nie hätte vorstellen können. Es war mir unheimlich mich so kennen zulernen. Die anderen Besucher schauten mich schon ganz merkwürdig an. Vielleicht sahen sie den Schmerz in meinen Augen. Ich stellte mich vor das Fenster um mein Gesicht zu verbergen und schaute mir den Park des Krankenhauses an. Schon bald werde ich dich dort mit dem Rollstuhl rumführen, dann sind wir endlich wieder glücklich. Ein kleiner Stupser auf meine Schulter schmiss mich aus meiner Traumwelt. Es war dein Bruder. Er schaute mich mit einem quälenden Blick an, er hatte einige Wunden am Arm und einen Verband um seinen Kopf. Was war passiert? Ich schaute ihn nur fragend an. Ist es das, was ich befürchtete? Ich wagte eine Frage heraus, die ich gar nicht aus meinem Munde hören wollte. Ob er am Steuer gesessen hätte. Ich hätte durchdrehen können. Als ich meinen Blick abwagte nickte er. Ich konnte es nicht fassen. Wie müsse es ihm gehen? Ich konnte mich nicht mehr auf meine ganzen dummen und unnötigen Fragen konzentrieren. Also schaute ich wieder hinaus. Vielleicht weinte ich, ich weiß es nicht mehr. Ich spürte die Tränen nicht über meinem Gesicht. Vielleicht war ich auch einfach nur zornig, wer kann das denn schon genau sagen. Oder beides gleichzeitig? Dein Bruder nahm mich in den Arm, er wollte uns beide trösten, dabei hätte ich ihn doch trösten müssen. Ich Egoist.
Die Krankenschwester kam in den Warteraum hinein. Sie rief nur den Namen deines Bruder auf. Was war mit mir? Spielte ich denn keine große Rolle? Ich ging auf und ab und wartete nochmals 10 Minuten.
Dann kam er raus, Tränen liefen ihm über die Wangen, was war mit dir, mein Schatz? Was ist in den 20 Minuten mit dir passiert? Nun endlich wurde ich aufgerufen. Ich freute mich schon allmählich dich wieder zu sehen, um deine Hand zu halten und dir ins Ohr zu flüstern, es würde alles besser werden. Die Krankenschwester hat irgendetwas genuschelt, ich hatte es nicht verstanden, auch egal, dachte ich mir. Meine Hand berührte die Türklinke. Dann öffnete sich die Tür und eine andere Krankenschwester kam heraus. Ihre Mimik machte mir Angst.
Der Mann im weißen Kittel schaute mich mit einem vorsichtigen Blick an. Er bewegte seinen Mund aber ich hörte erstmals nicht zu. Ich wollte mich auf das Gerät konzentrieren, der deinen Herzschlag wiederspielt. Aber es war kein Ton zu hören, kein nerviges Piepen, wo war es hin? Schnell wurde mir alles klar, dein Bruder, die Krankenschwestern, der Blick des Arztes. Das konnte nicht wahr sein. Ich schaute den Dr. mit einem schüchternen Blick an, mir kamen Tränen hoch. Ich sah dich nicht.
"Wir haben alles versucht um ihn am Leben zu halten. Mein Beileid."
Wie kann man so etwas sagen? "Wir haben alles versucht". Was heißt das schon? Gar nichts. Ich konnte es nicht fassen, ich sah dich an, deinen Körper, wie reglos er dort vor sich hin starb. Ich wagte es gar nicht auszusprechen. Du seiest nicht mehr am Leben.. Noch gestern waren wir zusammen am Lachen, wir waren glücklich und jetzt? Jetzt musste ich sehen wie du verschwandest. Das ist nicht fair. Meine Hand bewegte sich zu deiner, ich berührte sie, sie war eiskalt. Ich nahm sie in meine Hand, ganz fest. Ein letzter Kuss sagte ich mir. Der Arzt war mittlerweile verschwunden, war auch gut so, ich brauchte meine Ruhe. Eine Träne nach der anderen. Es kam mir unmöglich vor. Ich sah dich an, dein schmerzverzerrtes Gesicht, sahst du so in deinen letzten Sekunden aus? Ich lehnte mich an dich und schloss die Augen. Es tat gut, bei dir zu sein, deine Hand zu halten und für dich zu leben.
Ein quälendes Lächeln widerspiegelte sich in meinem Gesicht.
Ich war allein, nur deinen Körper hast du mir gelassen.
Ich schlief ein und hoffte nie wieder aufzuwachen, um bei dir zu sein.

"You know that I could use somebody.
Someone like you."

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